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Kunde Zahnarzt: Warum investiert er? Wann gibt er Geld aus?
Die einfache Antwort lautet: Eine Investition muss viele neue Einnahmen generieren. Das Geld zählt, auch in der Medizin. Würde ein Zahnarzt ... in eine digitale Intraoralkamera investieren, obwohl er doch vorher gut ohne auskam?
Ja, glaubte ich: Wir müssten unsere Kunden nur davon überzeugen, dass deutliche Aufnahmen von Zahndefekten, stark vergrößert auf einem Monitor, den Patienten - und hier besonders den Privatpatienten - darin bestärken, größere ››Reparaturen‹‹ durchführen zu lassen. Gut begründet verkauft sich eine zahnärztliche Leistung eben noch einmal so gut.
Es gab bereits erste Modelle auf dem Markt. Ich aber wollte ein Rösch-Produkt mit deutlichen Vorteilen gegenüber den Mitwettbewerbern. Ein Zahnarzt hat schließlich wenig Zeit. Die ist bekanntlich Geld - und das bedeutete, dass die Kamera einfach zu bedienen sein musste.
Reinhard Tietze, ein guter Geschäftsfreund aus dem Bereich der HNO-Technik und Geschäftsführer der Meditronic GmbH, kämpfte in dieser Zeit mit zu geringen Umsätzen. Reinhard ist ein Qualitäts-Guru und setzt immer auf Perfektion. Ich war wohl einer der Ersten, die ihn etwas vom Wege abbrachten, und half ihm dadurch, sein Unternehmen wieder in Fahrt zu bringen: Reinhard durfte für mich eine qualitativ hochwertige Kamera bauen - aber das typische verwirrende Knöpfchen-Angebot im Display wollte ich nicht. Einen Ein-/Ausschalter - basta.
Der Arzt will die Kamera nehmen und ein Standbild produzieren, um dem Patienten den Zahndefekt zu zeigen. Das reicht: Zahnärzte sind Handwerker und keine Technikfreaks.
Reinhard Tietze baute mir mein Gerät - meine Kamera! Eine super Kamera! Ein Apparat, ganz nach meinen Wünschen: Nimmt der Arzt das Gerät in die Hand, springt automatisch das eingebaute Licht an, das die Mundhöhle ausleuchtet. Die Kamera filmt drauflos. Mit einem Tritt auf einen Fußschalter kann man das Bild auf dem angeschlossenen Computerbildschirm einfrieren. Kein Zeitverlust. Keine Spielereien. Kein unnötiger technischer Schnickschnack. Brillant!
Etwas Besonders war auch der Name der Kamera. Mitanbieter nannten ihre Geräte TeliCam oder UltraCam, also typisch technisch. Ich gab meinem tollen Baby einfach einen Vornamen: Viola - wie meine Frau.
So ein völlig untypischer Produktname sorgte für Aufsehen in Hersteller- wie Arztkreisen. Viele Wettbewerber glaubten, ich sei ››ein bisschen verrückt‹‹. Doch das war mir egal. Je verrückter meine Marketing-Aktivitäten, desto hämischer reagierte die Konkurrenz. Und umso erfolgreicher war ich.
Wir warben kräftig in Fachzeitschriften. Auf einer Messe lockten wir mit dem Angebot, dass es auf unserem Messestand nicht den üblichen Sekt gibt: ››Trinken sie den Sekt woanders, dafür können sie bei uns sparen.‹‹ Und wir missbrauchten unseren Steuerberater - ein ganz schwerer Junge - und ließen ihn auf dem hochsensiblen Viola-Handstück herumspringen. Es hielt.
Auch unsere Anzeigen fielen auf. Wir setzten überall neue Maßstäbe.
Natürlich wehrte sich die Konkurrenz. Der Verband der Dentaldepots war gegen uns. Händler wollten ihre Pfründe sichern. Man setzte alle Hebel in Bewegung, um uns zu schaden. An manchen Messen konnten wir nicht teilnehmen, weil uns der Verband keinen Platz gab.
››Violchen‹‹ schlug dennoch ein wie eine Bombe. Sie kostete richtig viel Geld - doch sie war jede Mark wert. Viola wurde in Deutschland mit über dreitausend Stück zur meistverkauften dentalen Digitalkamera! Die Rösch GmbH machte wunderbare Umsätze, sowohl in der Pädiatrie als auch im Dentalbereich. Wir standen auf zwei wirtschaftlich gesunden Beinen.
Das lag vielleicht auch am Produktnamen, der viele Möglichkeiten bot, mit dem Kunden unkonventionell ins Gespräch zu kommen. Die Ärzte merkten sich unseren Markennamen Viola viel schneller und besser als irgendwelche technischen Produkttitel. Und er hatte einen heiteren Nebeneffekt. Wenn ein Außendienstler in eine Praxis kommt und den Zahnarzt fragt: ››Was macht ihre TeliCam?‹‹, dann ist das langweilig. Aber wenn er zur Tür hereinkommt und sagt: ››Ich wollte nachfragen, was ihre Viola so macht!‹‹, hat das doch Witz - und auch ein wenig Zweideutiges.
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