Mein Buch bei Rohnstock Biografien
Mein Blog bei Rohnstock Biografien
Meine Frau und ich hatten uns 1986 kennen gelernt. (...)
Ich wollte mal so richtig ››die Sau rauslassen‹‹. Ibiza, derzeit schwer in Mode, sollte mein Urlaubsziel sein. Iris, eine gute Freundin, arbeitete als Reiseleiterin auf Mallorca. Ihre Mutter fragte mich, ob ich nicht so nett sein könne, ihrer Tochter einen Koffer mitzunehmen: ››Sie ist jetzt schon den vierten Monat dort und braucht dringend Nachschub.‹‹
(...) ››Klar mache ich das‹‹, willigte ich als typischer Ja-Sager ein, einen Koffer mit neuer Wäsche und was weiß ich nicht alles mit auf Reisen zu nehmen.
So brach ich auf Richtung Ibiza - über Mallorca. Ich wollte den Koffer bei Iris vorbeibringen und vielleicht zwei, drei Tage bleiben, um dann weiter an mein eigentliches Ziel zu reisen.
Dort kam ich aber nie an. Denn Iris wohnte nicht allein ...
Sie hatte mich in Palma mit dem Auto abgeholt und wir waren zu ihrem Haus nach Cala Ratjada gefahren. Es war schon fast dunkel, als wir ankamen und ich vorne auf der Terrasse zwei junge Mädels sitzen sah. Die Blondine war schön braun gebrannt, hatte aber deutlich zu viel gebräunte Hautfläche. Neben ihr saß im Dunkeln ein wesentlich zarter gebautes Fräulein, das mich nett begrüßte. (...)
Sie machte einen sehr angenehmen Eindruck, war hübsch - und hieß Viola.
(...)
In den nächsten Tagen lernte ich Viola als gute Freundin kennen. Liebe auf den ersten Blick war es nicht. Doch die Zeit war sehr schön und ich beschloss, meinen Aufenthalt bei Viola und Iris zu verlängern.
Die Mädels hatten als Reiseleiterinnen freien Eintritt in jede Disco und schleusten mich so überall mit hinein. Schon am dritten Tag hatte ich alle Informationen beisammen, um selbst als Reiseleiter durchzugehen - und gab mich in der Disco Xiroi als solcher aus. Das klappte bestens, und so fand ich mich später mit einem süßen Mädel am dunklen Strand wieder. Das Techtelmechtel war erlaubt, denn schließlich hatte Viola einen einheimischen Freund.
Eines Abends ging es in eine gigantische Außendisko nahe Porto Christo. Tina, Iris, Viola und andere, die wir dort trafen, tanzten - und plötzlich war es so weit: der erste Kuss zwischen Viola und mir!
Wir blieben aber eher brav, denn sie hatte noch diesen spanischen Freund und wollte grundsätzlich nichts mit Touris anfangen. Eigentlich ...
Die Zeit war wunderbar und ich sagte Viola, dass ich in ein paar Wochen wiederkäme. (...)
Sechs Wochen später war ich wieder da. Es hatte mich gepackt: (...)
Mann, war ich verliebt!
Es gab da nur ein kleines Problem: Meine extreme Flugangst. Meine Panik davor, eingesperrt zu sein in nichts als ein bisschen Blech, die blöden Koffer und sonst gar nichts unter den Füßen.
Zum Glück hat sich meine Flugphobie bis heute in Luft aufgelöst. Sie verlor sich schleichend, weil ich in den nächsten Jahren so viel um die Welt flog. (...)
Irgendwann war der berufliche Stress so groß, dass ich es mir nicht mehr leisten konnte, über meine Flugangst nachzudenken.
Dafür blieb mir meine Fahrstuhlphobie, die ich während einer Klassenfahrt nach Brüssel zum ersten Mal erlebt hatte: Wir hatten das berühmte Atomium besucht, eine Wahnsinnskonstruktion, ein Symbol für das Atomzeitalter. In 25 Sekunden erreicht der Lift den Aussichtspunkt in der obersten Kugel. (...)
Ich kippte fast um, so übel wurde mir, während der Fahrstuhl nach oben raste. Seitdem ängstige ich mich in engen Räumen und Fahrstühlen. Verheerend!
Vor allem, als ich oft New York besuchte, war es furchtbar. Am schlimmsten sind gläserne Lifte. (...)
Warum baut man solche Aufzüge überhaupt?
Meine Flugangst wurde wohl vor allem durch die Liebe geheilt. Für meine erste Reise nach Mallorca hatte ich noch den Landweg gewählt. Mit meiner kleinen blauen Kiste, einem Fiat Sport, flitzte ich nach Barcelona. (...)
Nach Mallorca setzte ich mit dem Schiff über.
Doch diesen Weg kann man nur nehmen, wenn man Zeit hat. Ich aber konnte und wollte nicht so viele Stunden verplempern, um Viola wiederzusehen. (...)
Innerhalb eines halben Jahres besuchte ich sie drei Mal auf Mallorca.
Zur Wintersaison wurde sie nach Paguera versetzt. Kein Discotrubel mehr, hier standen die Rentner im Mittelpunkt. Viola und die anderen bemühten sich bestens um die älteren Herrschaften. (...)
Es war eine nachdenkliche Zeit und weit ruhiger als die Sommerbesuche.
Viola gab im Frühjahr 1987 ihr Reiseleiterdasein auf. Für mich. Das musste wahre Liebe sein. Andy im Glück!
(...) Spanier gegen Schwaben austauschen - ob das gut gehen würde?
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Endlich! 1984 bezog ich zusammen mit meiner Freundin Birgit die neue Wohnung (...)
Mitten im Schwabenländle wollte ich im Herbst den Studienplatz in Stuttgart antreten. Die drei Monate bis zum vermeintlichen Studienbeginn wollte ich offiziell als ››arbeitslos‹‹ verbringen: ein bisschen jobben, mir fürs Studium Geld verdienen.
Doch beim Stuttgarter Arbeitsamt, wo ich mich melden musste, lief es anders als erwartet. Mir wurde ein Job angeboten: Ich hätte sofort als Tellerwäscher im Nürtinger Hotel am Schlossberg anfangen können. Das Angebot lehnte ich dankend ab - damals war das noch möglich. Für den zweiten Vorschlag hatte ich ebenfalls nicht viel übrig. Es kann sich um nichts Weltbewegendes gehandelt haben, sonst könnte ich mich daran erinnern.
Doch dann kam eine Offerte, die mir reizvoll erschien: Lagerarbeiter bei der Hortmann GmbH - im Bereich der Medizintechnik. Ich sagte Ja, und nahm mir vor, dort nur die drei ins Auge gefassten Monate bis zum Semesterbeginn zu arbeiten. Jobben und Kohle kassieren. Mehr sollte nicht sein.
Doch Andy hatte wieder einmal die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Es war Sommer - und merkwürdig: ››Kannst du eine Hecke schneiden und Rasen mähen?‹‹, fragte mich Günter Hortmann, der Chef des Unternehmens.
››Natürlich‹‹, antwortete ich und freute mich, draußen an der frischen Luft arbeiten zu können, statt im Lager.
Komisch nur, dass Herr Hortmann regelmäßig meine Nähe suchte. Er wollte keinen Smalltalk, sondern sprach mich wegen seiner innerbetrieblichen Probleme an. (...)
Ich sprach völlig unbefangen mit ihm, weil ich nichts zu verlieren hatte. (...)
Das war Herr Hortmann nicht gewohnt. Keiner seiner Mitarbeiter sprach so mit ihm. Meine Geradlinigkeit imponierte ihm anscheinend: Endlich war da jemand, der sich traute, mit ihm Klartext zu reden.
Leider hielt es der Chef nur mit mir so. Ich versuchte zwar, ihm nahe zu bringen, dass er so offen und freimütig mit anderen Kollegen über Probleme sprechen müsse. Doch konnte Herr Hortmann nicht über seinen Schatten springen.
Ein paar Wochen und viele solcher Gespräche später, fragte mich der Chef: ››Hast du nicht Lust, für ein Jahr im kaufmännischen Bereich zu arbeiten? Sozusagen als Training on the job? Studieren kannst du ja immer noch!‹‹
(…) Ich überlegte nicht lange. Jeder kennt doch das Sprichwort vom Ins-Wasser-Springen-und-schwimmen-lernen.
››Jo, das machen wir!‹‹, sagte ich mir und Herrn Hortmann. ››Rieche ich mal ein bisschen in den kaufmännischen Bereich hinein. Kann ja nicht schaden.‹‹
Ich wurde normal bezahlt wie alle anderen. Ich war ein richtiger Angestellter. Da schwoll meine Brust! Denn ich war als Nobody eingestellt worden. Bis eben noch hatte Andy Zelten, Faulenzen und Studienwünsche im Kopf gehabt - und nun einen richtigen Job!
(...)
Gleich zu Beginn meiner Karriere sollte ich eine Tagung in Stuttgart organisieren. Thema war das Cochlear-Implantat, eine interessante Technologie: Gehörlosen Menschen wird ein Implantat ins Innenohr eingesetzt. Ein vom Patienten getragener Sprachprozessor verarbeitet die Sprache zu Impulsen, die an das Implantat übertragen werden. Mit dieser Technologie wird es manchen Gehörlosen wieder möglich zu hören. (...)
Ich hatte von solchen Möglichkeiten der medizinischen Forschung noch nie gehört und war begeistert! Ich organisierte, was das Zeug hielt.
Doch bislang hatte ich noch nicht einmal in einem Hotel geschlafen. Warum auch? Und plötzlich sollte ich für hochkarätige Professoren, die aus aller Welt anreisten, die Unterbringung arrangieren, Absprachen mit dem Hotelmanagement treffen und verhandeln.
Wie aufregend! Wie schön!
Wie schrecklich, das schaffe ich nie!
››Egal, einfach loslegen‹‹, lautete meine Devise. Keine Angst vor Fehlern. Losmarschieren, und fertig! Am Ende klappte es zur Zufriedenheit aller.
Ich erlebte einen unheimlichen Antriebsschub und begriff, wie wichtig die eigene Motivation und die des Teams ist. Schenk den Mitarbeitern Vertrauen und sie bewegen etwas.
Fortan arbeitete ich mit riesigem Spaß im Marketing. Der Chef nahm mich unter seine Fittiche, wofür ich ihm bis heute dankbar bin. (...)
Bald wurde ich zur rechten Hand des Chefs für den Marketingbereich.
Natürlich lernte ich dabei mit ganz anderen, kleinen und großen Herausforderungen umzugehen. Ich lernte viel - für die Zukunft.
So entwarf ich zum Beispiel Prospekte und arbeitete mit Druckereien zusammen. (...) Anfangs durfte ich nur ein paar Ideen für einen Prospekt beisteuern. Das begann mich schnell zu langweilen, und nach und nach ging ich eigene Wege. Seinem Chef beizubringen, dass er schlechte Fotos von technischen Geräten macht, bei denen die Drucker die Hände über dem Kopf zusammenschlagen, will gelernt sein.
Eines lernte ich bei Hortmann außerdem: Wie wichtig es ist, seinem Arbeitgeber gegenüber loyal zu sein.
Es trat der Fall ein, dass sich seine Generalvertretungen selbstständig machten und eigene medizinische Geräte bauen und vertreiben wollten. Mit dem Know-how der Firma und ohne Wissen des Chefs, der glaubte, alles sei bestens. Es kam sogar so weit, dass die Abtrünnigen mich - die rechte Hand des Chefs - auf ihre Seite ziehen wollten.
Ich blieb loyal und informierte Herrn Hortmann über die Machenschaften einiger seiner Mitarbeiter. Dann drehten wir einfach den Spieß um und tricksten sie aus: Ich zeigte mich interessiert an ihren Offerten und nutzte alle Informationen, die Günter Hortmann und seinem Team Schaden hätten zufügen können. Für meinen Chef. Ich versorgte ihn mit allen Neuigkeiten - und wir warben kurzerhand heimlich die guten Mitarbeiter der Generalvertretungen ab. Dann kündigte Günter Hortmann völlig berechtigt den Generalvertretungen und überraschte die traurigen Gestalten. Diese Geschichte verband uns beide.
Loyalität war Ehrensache. Denn ich hatte Respekt vor der Leistung von Günter Hortmann, der seine Hortmann GmbH aufgebaut und viele Arbeitsplätze geschaffen hatte. Mit Trittbrettfahrern hatte ich nichts am Hut. Eine furchtbare, hinterhältige Spezies! Und langweilig dazu, weil sie keine eigenen Geschäftsideen entwickeln - und mit den geklauten Ideen häufig genug gegen die Wand fahren. (...)
Letztlich kam ich nie zum Studium. Jedes einzelne Jahr bei Hortmann brachte mich beruflich und fachlich weit nach vorne. Die Arbeitswelt ließ mich nicht mehr los.
Fünf Jahre blieb ich bei der Hortmann GmbH, von 1985 bis 1990. (...)
In diesen fünf Jahren eignete ich mir mehr Praxiswissen an, als ich durch ein Studium jemals erreicht hätte. (...)
Von der Universität kommend, ist man theoretisch bestens gerüstet. Genau so packt man jedoch Probleme an - von der theoretischen Seite her. Die praktische Sicht fehlt. Und auch den menschlichen Umgang lernt man nicht an der Universität.
Daher bereue ich es nicht, dass ich nie studierte, ...
Ich würde es wieder so machen.
Diese Haltung durchzieht mein gesamtes Handeln und Tun. Wenn ich einen Mitarbeiter einstelle, achte ich darauf, dass es ein praktisch veranlagter Mensch ist. Ich mag vernünftiges, handlungsorientiertes Denken.
Nach fünf Jahren Hortmann GmbH stieß ich in meinem Arbeitsbereich an Grenzen. Ich wollte dem gängigen und langweiligen Marketing den Rücken kehren. (...)
Ungewohnter, neuer, frischer. (...)
Die Zeit war reif für Neues. Für Eigenes.
Außerdem war die Mauer gefallen - und damit ein besonderer privater Umstand eingetreten: Ich musste eine Wette einlösen. Ich hatte sie mit meiner Frau geschlossen ...
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››Die Kinder sollen es einmal besser haben‹‹, dachte - wie viele seiner Generation - auch Vater. Er hatte sich in den Kopf gesetzt, dass ich Medizin studiere.
(...)
Gut, als Jungspund wusste ich nicht, was ich wollte. Ich wusste nur, was ich auf keinen Fall wollte: Mediziner werden. Wäre ja noch schöner! Einen konkreten Grund dafür hatte ich nicht, aber warum sollte ich das tun, was mein Vater wollte?
(...)
Er löcherte mich mit seiner Idee. Meine Mutter sagte wenig zum Thema. Die treibende Kraft war Vater.
Wahrscheinlich hatte er vergessen, wie seine eigenen Schulzeugnisse ausgesehen hatten. Ich entdeckte sie eines Tages und studierte sie neugierig. Er wollte also mir Vorträge halten, wie wichtig das Lernen wäre, gute Noten und Abitur?
Meinem Vater war wegen seiner Schulnoten nichts anderes übrig geblieben, als Maurer zu werden. Deswegen sollten seine Kinder etwas ››Richtiges‹‹ lernen und studieren. Eben Medizin!
Dazu braucht man das große Latinum. Das gab es in Verden nur im Domgymnasium, einer rund vierhundert Jahre alten Anstalt.
Ich bekam Druck. Ich musste - es gab keine andere Chance. So schlug ich mich mit durchschnittlichen Leistungen durch die vierte Klasse der Grundschule. Das reichte, um aufs Domgymnasium zu wechseln. Bock darauf hatte ich nicht.
Irgendwann schaltete ich auf stur. Ich war fest davon überzeugt, meine Zeit zu verplempern! Im Schulfach Chemie fand das am nachhaltigsten Resonanz: Wozu brauchte ich chemische Formeln in meinem künftigen Leben? (...)
Ich blockierte total und sammelte schlechte Noten. Auch in Latein und Mathematik. In der siebten und achten Klasse waren meine Zeugnisse reinste Katastrophen. Mit drei Fünfen konnte es kaum schlimmer kommen: In der Achten blieb ich sitzen!
Das war der Glücksfall meines Lebens!
Bis zum Ende der achten Klasse glich ich meiner Meinung nach einem normalen Jugendlichen. Ich war zurückhaltend, leise, schüchtern - privat wie vom Verhalten im Unterricht. Ich meldete mich lieber nicht. Man könnte ja etwas Falsches sagen und sich der Lächerlichkeit preisgeben. (...)
Das änderte sich radikal. Ich wiederholte das achte Schuljahr, und auf einmal verkehrte sich meine Selbstwahrnehmung. Ein Pubertätssprung tat sein Übriges. Ich wurde ein großer, langer Kerl. Eine Respekt einflößende Erscheinung. Das beeindruckte meine Mitschüler. Vor allem die Mädels. Ein tolles Gefühl!
Weil ich die achte Klasse wiederholte, ließen sich meine Noten inzwischen besser sehen. Das freute meine Eltern.
Gleichzeitig machte es mir Spaß, die Lehrer zu ärgern.
››Man gönnt sich ja sonst nichts‹‹, dachte ich mir und mischte zusammen mit meinem Klassenkameraden Andreas Brehmer den Unterricht auf. Wir erfanden wilde Geschichten, mit denen sich der Lehrer meist tatsächlich beschäftigte. Wir machten Unsinn - und kassierten am Ende doch gute Noten. Es gibt eben verschiedene Wege, zum Ziel zu kommen.
Ich ließ mich sogar einmal zum Klassensprecher wählen, jetzt wollte ich mitreden. Doch in der Oberstufe erschien mir das nicht mehr so interessant. Klassen- und Schulsprecher waren die Leute, die behaupteten, der Schulalltag sei so stressig. Über den angeblichen Schulstress zu diskutieren war große Mode. Für einen solchen Blödsinn wollte ich nicht gewählt werden. Von wegen ››arme Schüler‹‹. Das Gegenteil war der Fall.
››Uns geht′s doch gut!‹‹, dachte ich.
Mir war es wichtig, eine schöne Zeit zu haben. (...)
Ich war sechzehn, siebzehn und hatte partout keine Lust, nach sechs und mehr Stunden Unterricht auch noch Energie für Hausaufgaben aufzubringen. Andere in meinem Alter hatten zwar bereits eine Lehre angefangen und mussten richtig arbeiten, aber das war mir doch egal!
Es reichte mir, mit einigermaßen guten Noten durchs Schuljahr zu kommen. (...)
Außerdem wurden langsam die Mädchen interessant ...
1981 hatte ich endlich mein Abitur mit einem Notendurchschnitt von 2,8 in der Tasche. Dies war mein erster großer Meilenstein, ich hatte das Abitur - und erinnere mich gerne an die vielen Abschlussfeiern.
Was nun? Was nach dem Gymnasium kommt, war eigentlich klar: Andy musste erst einmal für fünfzehn Monate zur Bundeswehr. Aber danach? Ich hatte keine Ahnung.
Während der Bundeswehrzeit entwickelte sich die Idee, Gartenbauarchitektur zu studieren. Doch es gab keinen Grund zur Hektik. Einen Studienplatz würde ich dank meines durchwachsenen Notendurchschnitts frühestens drei Jahre nach dem Abi bekommen. Um die Zeit sinnvoll zu füllen, machte ich zunächst eine Lehre als Gärtner für Zierpflanzenbau.
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Ende der sechziger Jahre machte sich Vater als Fahrlehrer selbstständig. (...)
Es ging schnell bergauf. In den geburtenstarken Jahrgängen gab es viele junge Leute, die den Führerschein machen wollten. Vater verdiente gutes Geld.
Kaum ein Jahr, nachdem er die Fahrschule eröffnet hatte, konnte er beginnen, ein Haus für uns zu bauen. (...)
Als gelernter Maurer stemmte Vater auf unserer Baustelle wahnsinnig viel selbst. Doch er überschätzte seine Kräfte. Arbeit und Hausbau belasteten doppelt. So gab es immer wieder Stress. (...)
Vater machte in seiner Sturm- und Drangzeit große Fehler. Mutti half in der Fahrschule, aber er meldete sie nicht als Angestellte an. Natürlich brauchte er so keine Sozialabgaben zu zahlen. Doch die Kosten hätte er ja absetzen können - und bei niedrigeren Gewinnen Steuern gespart. Und Mutti hätte später eine vernünftige Rente erhalten. (...)
Letztlich stand Vater den Hausbau durch - und mit ihm die gesamte Familie. Ich hatte kräftig mit anpacken müssen, schließlich war ich schon zehn Jahre alt. Klein-Andy war mächtig stolz. Mit geschwellter Brust zogen wir im Winter 1969/70 in unser schönes neues Haus. Bis zum Umzug war es für mich unvorstellbar gewesen, mein Zuhause in der Andreasstraße verlassen zu müssen.
Obwohl das Leben im alten Haus mitten in Verden so einfach war, erinnere ich mich an eine wunderschöne, glückliche Kindheit. Beim Einzug in unser zweites Heim war das Haus allerdings nur halb fertig. Deshalb nisteten wir zunächst unterm Dach. Die Etage darunter war noch unbewohnbar, weil nicht ausgebaut. Wir mussten eine Leiter hochklettern, wenn wir in unsere Wohnung wollten. Eine wilde, aufregende Zeit. Ungeordnete Zustände - was will ein aufgeweckter Bengel mehr?
Nach rund einem Jahr war das Haus schließlich fertig ausgebaut. Mann, war das toll! Innen- und Außenkamin, überall Heizung - Eisblumen ade! Plötzlich zwei Badezimmer für unsere Familie. Früher hatten wir in der Zinkwanne im Wohnzimmer gebadet. Jetzt der pure Luxus. Ein bequemes Leben begann. Vater sei Dank.
Auch sonst änderte sich viel. Eine Sensation war der Farbfernseher. Plötzlich sah die Welt viel bunter aus. Unsere Familie hatte eines der ersten Geräte gekauft, die auf den Markt gekommen waren. Das konnten wir uns leisten, denn Gott sei Dank war die Fahrschule all die Jahre solide im Geschäft.
Alles lief bestens. Wir lebten in finanziell gesicherten Verhältnissen. Daran hatte auch Mutter ihren Anteil. Sie arbeitete mit, damit es aufwärts geht.
Mitte der siebziger Jahre kaufte Vater in seinem unendlichen Tatendrang ein Haus in der Grünen Straße 24, gleich um die Ecke von der Andreasstraße 3. Als kleiner Junge hatte ich dort mit meinem ersten Laufgitter-Kumpel Wolfhard Marschner, dem Bäckersohn, gespielt. Es handelte sich um das frühere Domizil des Bäckers, das zum Verkauf stand. Die Bäckerei war Teil meiner Kindheit und stand jetzt leer.
Vater hatte mit Mutter über den Hauskauf gesprochen. Sie war dagegen, befürchtete neuen Stress. Mutti wollte endlich Ruhe haben und hatte Nein gesagt. Er kaufte es trotzdem, um über die Wertssteigerung der Immobilie und/oder die Mieteinkünfte sein Altersauskommen abzusichern. Wie immer hatte er große Pläne: Er wollte seine Fahrschule mit Unterrichtsräumen in dem Gebäude unterbringen, damit er woanders keine Miete zahlen muss. (...)
Die Entscheidung für dieses Haus tat der Ehe meiner Eltern nicht gut: Papa begann mit dem Ausbau. Wieder legte er selbst Hand an. Frau und Kinder mussten mit anpacken.
Montags bis freitags war Vater von morgens bis abends mit seinen Fahrschülern unterwegs. Abends ab sechs und an den Wochenenden absolvierte er seine zweite und dritte Schicht.
››Von nichts kommt nichts!‹‹, sagte er. Und Mutti und Papa stritten sich immer häufiger.
Als Vater im Keller ein wunderschönes Gewölbe entdeckte, drehte er völlig durch. Der Hauskeller entpuppte sich als Teil des alten Kreuzganges des Doms zu Verden, der einst zugeschüttet worden war. Der Dom ist etwa tausend Jahre alt, schon in den ersten Landkarten Deutschlands findet sich das Bistum Verden.
››Daraus machen wir einen Weinkeller!‹‹, nahm sich Vater vor, und schon ging er ans Werk.
Wieder stemmte er den Um- und Ausbau weitgehend allein. Meine Brüder und ich mussten selbstverständlich mit ran.
(...)
Da das Domgymnasium nur drei Häuser von der Baustelle entfernt lag, musste ich oft beim Renovieren ››eben mal schnell‹‹ helfen. Typisch: Wenn andere Freizeit hatten, bauten wir das Haus um. Das zog sich bis in mein Abiturjahr hin.
Der Weinkeller lief nie richtig. Vater stand hinterm Tresen und Mutter musste zu Hause Käse- und Zwiebelsuppe für die Gäste kochen. Unser Haus war ja nur einen Katzensprung entfernt. Selbst wir Jungs mussten hinterm Tresen kellnern.
Die Sache wurde durchgezogen, auf Teufel komm raus. Alles nur, um nach einer Weile festzustellen, dass mein Vater kein geborener Gastwirt ist. Aber egal, er hielt an seinen Ideen fest.
Doch schließlich musste selbst Vater einsehen: Es bringt nichts. Es war halt nur eine seiner vielen Ideen.
Als ››Ersatz‹‹ für den aufgegebenen Weinkeller ritt Vater ein neuer Einfall: Im oberen Teil des alten Bäckereihauses ließe sich doch ein Nachhilfestudio für Schüler aufbauen. Doch auch das lief nicht.
(...)
Vater zog keine Lehren aus der Misere mit dem Hauskauf. Im Gegenteil: Er tanzte auf zu vielen Hochzeiten, statt sich auf einer richtig auszutoben. Mal hier etwas probieren, mal dort - das bringt es nicht.
Er war ein positiver Tausendsassa, wie er im Buche steht. Doch auch ein ideenreicher Mensch muss sich entscheiden. Sich konzentrieren! Und dann mit vollem Einsatz für sein Projekt kämpfen.
››Du kommst voll nach deinem Vater‹‹, sagte Mutter oft zu mir. Das war mir einerseits ein wichtiges Kompliment, andererseits gab und gibt es mir zu denken. Ich will mich deshalb mehr und mehr auf bestimmte Geschäftsbereiche festlegen. Das bedeutet auch, sich von einigen Ideen zu verabschieden, weil man nicht alles verfolgen kann.
Wer mit zu vielen Ideen liebäugelt, verzettelt sich. Das lehrte mich das Beispiel meines Vaters. Ich will meine Kräfte bündeln.
Am Ende muss wirklich alles, aber auch alles passen.
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